St. Urbanus für...

Predigt zum 1. Fastensonntag – Das Beste wieder hervorholen

Jeden Sonntagabend an dieser Stelle: Gedanken von Propst Pottbäcker zur Fastenzeit 2021

Liebe Schwestern und Brüder,

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die Fastenzeit hat zwar erst ein paar Tage angefangen und noch liegen sechs Wochen der dieser besonders geprägten Zeit vor uns, da werden wir durch die Texte der Lesungen und des Evangeliums fast schon wieder aus dieser Zeit heraushegeführt.
In der ersten Lesung ist die große, zerstörerische Flut, die Gottes Reaktion auf das Verhalten der Menschen ausdrückte, schon wieder vorbei; und auch die 40tägige Fastenzeit Jesu ist schon zu Ende. Wenn das chronologisch nicht passt, dann muss es ja einen geistlichen Grund geben, dass wir heute diese Texte zum Einstieg hören.

Wie ich die katholische Kirche kenne, dient es nicht dazu, dass wir uns bequem zurücklehnen in Bezug auf die ja eigentlich noch vor uns liegende Herausforderung von Verzicht, innerer Einkehr und dem, was im Tagesgebet des Aschermittwochs „christliche Zucht“ genannt wurde.
Dieses Wort hat heutzutage einen klanglichen Beigeschmack, der uns vermutlich zurückschrecken lässt, es im alltäglichen Gebrauch zu nutzen, aber ebenso es zu hören.
Das mit ihm verbundene Verb ‚züchtigen‘ löst gerade heutzutage verständlicherweise ungute Gefühle aus.
Die Erkenntnis, eines schlimmen und unheilvollen Missbrauchs von Amt und übertragener Macht gegenüber Kindern und Jugendlichen, aber auch sonstigen anvertrauten Menschen oder Schutzbefohlenen, macht uns zurecht und Gott-sei-Dank sensibel und aufmerksam dafür!

In meinen Überlegungen und meiner geistlichen Reflektion der heutigen Lesungen, baut sich deshalb auch ein ganz anderes Bild auf.
Selbstverständlich darf sich der Begriff der „christlichen Zucht “ niemals auf andere und auch nicht auf eigene Quälerei oder Selbstkasteiung beziehen. Ich bin mir bewusst, dass es das gab und möglicherweise in extremen Kreisen der Kirche sogar immer noch gibt. Aber diese Zeiten sind vorbei; niemand kann und darf sich mehr darauf berufen! Unser Körper und unser Leben sind das Geschenk Gottes, um uns die Möglichkeit des Daseins, des Lebens zu geben. Ohne Körper ist kein Leben möglich; ihn zu quälen ist Verstoß gegen Gottes Schöpfung!

Deshalb lohnt es sich, dem Wort eine andere Bedeutung und einen anderen Inhalt zu geben.
Und es gibt ja noch eine zweite Aussage des Begriffs „Zucht“. Im ganz anderen Kontext und weit positiver belegt, wird er in der Arterhaltung von Tieren und der gezielten Fortpflanzung zur Optimierung der Anlagen ebenfalls genutzt. Natürlich gibt es auch hier Abarten vor allem im Bereich der Nahrungsmitteproduktion; aber positiv gewendet sollen die besten Anlagen zu einem besseren Leben führen.

Das Beste in geistlicher Hinsicht in diesem Fall aus dem Glauben – vielleicht wieder – hervorholen, weil ich ja sicher sein darf, dass alles gut geht – das ist die Haltung für Fastenzeit und ist der Sinn dieser Zeit!
Deshalb sollen wir durch die heutigen Texte ermutigt werden, unser Bestes zu tun, um das Heil Gottes in größtmöglicher Fülle zu erfahren und in uns zu entfalten. Dazu muss man sich lösen von dem, was unnötig ist; und muss unterscheiden lernen zwischen dem, was mich zu Gott bringt und dem, was mich aufhält und behindert. Das ist Fastenzeit!