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Sonntagsimpuls – 10. Sonntag im Jahreskreis | 06.06.2021

Impuls zum 10. Sonntag im Jahreskreis von Kaplan Peter Schlippe.

Schrifttexte

Die Schrifttexte finden Sie HIER.

Impuls

“Der Ort, der Verbindung schafft.” “Wohnst du noch oder lebst du schon?” “Wir leben dich.” Wo habe ich das schon mal gehört? Klingelt da was bei Ihnen? All dies sind Leitsprüche oder Slogans, die Sie ganz bestimmt schon mal gehört haben. Ja, nur wo genau? Das überlasse ich Ihnen, das herauszufinden. Sie können am Ende des Videos ja nochmal von vorne schauen und einmal grübeln.

Ein Slogan, ein Leitbild oder ein knackiger Werbespruch eint alle der Versuch, in wenigen Worten die grundlegende Botschaft zu übermitteln, die dann repräsentativ für das Ganze steht. Was es im Großen gibt, das gibt es vielleicht auch im Kleinen. Wie sieht es bei Ihnen aus? Fällt Ihnen ein Motto, ein Slogan für Ihr Leben ein?

Es ist gute Tradition, dass sich angehende Priester zur Primiz, also zur ersten Messe, die man feiert, einen Primiz-Spruch und ein Primiz-Bild aussuchen. Sozusagen ein Slogan für die Primiz. Mein Slogan ist: “Was soll ich dir tun?” aus dem zehnten Kapitel des Markus-Evangeliums. Jesus ist auf seinem letzten Weg nach Jerusalem und das, was uns Gründonnerstag immer wieder vor Augen geführt wird, die jubelnde Menge, das wird hier schon vorausgegriffen. Eine große Menschenmenge umgibt Jesus, wahrscheinlich jubelnd, ihn begleitend auf seinem letzten Weg nach Jerusalem.

Aber nicht alle können mitgehen. Einer von ihnen ist der blinde Bettler Bartimäus. Er hört, dass es Jesus sein muss und erkennt seine Chance. “Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir.” Doch er soll zum Schweigen gebracht werden. Der Bettler scheint zu stören. Man kann sich gut die große jubelnde Menge vorstellen. Krankheit und Leid passen da nicht ins Bild. Aber der Bettler gibt nicht auf. Bartimäus schreit noch lauter: “Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!” Und er hat Erfolg. Jesus hört ihn durch alle Abweisungen und Hosianna-Rufe. Und Jesus stellt hier eine alles verändernde Frage an Bartimäus: “Was soll ich dir tun?” Man könnte jetzt meinen, dass ist bloß eine Frage. Wir hören sie verändert fast täglich: “Was kann ich für Sie tun? Wie kann ich ihm behilflich sein?” Gott sei Dank hören wir diese Fragen nun wieder öfters, wo viele Geschäfte wieder öffnen dürfen. Aber mit Blick auf Bartimäus und Jesus hat diese Frage eine Sprengkraft, die ein ganzes Leben verändern kann. Nach dieser Frage Jesu bleibt nichts beim Alten.

Wer eine Frage stellt, der gibt der oder dem anderen die Möglichkeit, auch eine Antwort zu geben. Was mich an dieser Szene so fasziniert, ist die doppelte Bewegung, die diese Frage innehat. Zum einen kann ich mich von Jesus fragen lassen “Was soll ich denn tun?” Die Heilung des Bartimäus zeigt, dass Jesus mit Betreten der Szene den Hilfesuchenden nicht zum Objekt macht und einfach an ihm handelt. Jesus gibt dem Ausgestoßenen Bettler, der stört und nicht in das Bild der anderen passt, seine Würde zurück, indem er darauf vertraut, dass der Bettler selbst weiß, was ihm fehlt. Was soll ich dir tun? Und der Bettler antwortet: “Ich möchte sehen können.” Und daraufhin heilt ihn Jesus.

Was würden wir antworten? Doch diese Frage funktioniert auch in die andere Richtung, nämlich immer dann, wenn uns Leid begegnet. Hier kann ich gut am das Sonntags-Evangelium anknüpfen. Jesus fragt uns, wer letztlich unsere Familie ist. Die Antwort ist klar. Nicht nur Mutter und unsere Geschwister sind unsere Familie. Nein, alle, die den Willen Gottes tun. Es gilt, in unserer Umwelt den bis zum Himmel schreienden Hilferuf wahrzunehmen. Aber ist dieser Hilferuf immer laut? Was soll ich dir tun? Eine fragende Haltung steht uns gut in unserem christlichen, diagonalen und priesterlichen Handeln im Weinberg des Herrn.

Wer fragt, lässt den Gefragten seinen Raum und die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was er braucht. Wer fragt, der schenkt dem anderen Beachtung und Würde, indem er dem anderen zutraut, eine Antwort zu haben. Und wer fragt macht sich bewusst, dass er selbst nicht alles weiß. Liebe Schwestern und Brüder! Bitten wir Gott um die Stärke und Gnade, mit einer fragenden Haltung unseren Mitmenschen zu begegnen. Vertrauen wir darauf, dass Jesus Christus auch uns fragt “Was soll ich dir tun?” Und das Befreiende ist: Wir dürfen auch antworten.

“Was soll ich dir tun? Ein Slogan für uns Christen.

Peter Schlippe, Kaplan