St.-Urbanus-Kirche
Das Bistumsmagazin BENE stellt in sieben kurzen Videos einige besondere Stellen in und an der Propsteikirche St. Urbanus vor:
Informationen zur St.-Urbanus-Kirche
Der Standort der Kirche ist über Jahrhunderte derselbe geblieben. Bei den Abbrucharbeiten der “Alten Pfarrkirche” 1890 und Einzelgrabungen im Jahre 1981 im Zusammenhang mit der Gesamtrestaurierung des Innenraumes der neuen Kirche konnten durch Fundamente und zahlreiche Bauzier- und Werksteinfragmente zwei Vorgängerbauten der jetzigen neugotischen Kirche belegt werden. Hinweise auf einen um 1200 entstandenen romanischen Kirchenbau geben ein stilisierter, liegender Löwe als Fuß für eine Portalsäule und spätromanische Kapitelle von schöner Blattornamentform und der für den Nachfolgebau wiederbenutzte Westturm. Das Portal gehört einer in der Lombardei vielfach belegten Form an, so dass sich weitreichende Verbindungslinien ergeben. Der unmittelbare Vorgänger war eine gotische Hallenkirche mit polygonalem Chorschluss. Von diesem Bau sind Grundrisszeichnungen überliefert.
Die über der Tür des alten Turmes angebrachte Jahreszahl 1302 gibt wohl den Beginn des gotischen Neubaus an, dessen kreuzförmiger Grundriss sich durch die beiden Seitenschiffe ergab, die dem wuchtigen Westturm wie ein Querhaus nach Norden und Süden angesetzt waren, während sich nach Osten hin das Langhaus mit dem Chor anschloss. Anfang des 16. Jh. (zwischen 1514 und 1525), einige Jahrzente nach der Erhebung des Dorfes Buer zu einer “Freiheit”, wurden diese Seitenschiffe abgerissen und parallel zum Langhaus neu angebaut, verbunden mit einer Ausgestaltung des gesamten Kirchenraumes. Die giebelförmigen Dachansätze am Turm erinnerten noch lange an den früheren Zustand. Das Innere der Kirche war 35,40 m lang, 19 m breit und in sich harmonisch gegliedert. Der Chor war einjochig mit nördlichem Sakristeianbau, Mittel- und Seitenschiffe waren dreijochig. Der untere Turmraum schloss sich mit dem Mittelschiff an und war mit diesem durch mächtige Rundsäulen verbunden, die zusammen mit den Säulen des Kirchenschiffes eine spitzbogige Arkafenreihe bildeten.
Der große Brand am Urbanustage 1688 zerstörte die Kirche bis auf die Grundmauern. Dabei gingen auch die Gewölbe zum größten Teil verloren. Beim Wiederaufbau erhielt die Kirche eine flache Holzdecke. Die dreiteiligen Fenster des Kirchenraumes hatten Steinmaßwerk mit Fischblasenmuster im oberen Teil. Die rings um die Kirche angebrachten Strebepfeiler waren je zweimal abgetreppt und mit kleinen kielförmigen Giebelchen gekrönt. Den Turm bedeckte eine achtseitige beschieferte Haube, die zusammen mit dem obersten Geschoss des Turmes wahrscheinlich nach dem Brand entstanden ist. Die Baufunde der gotischen Köpfe, die den Ansatz von Gewölberippen zierten, der Frauenkopf einer Statue und der farbige Wandputz der Architekturfragmente lassen auf eine interessante Innengestaltung der gotischen Hallenkirche schließen, während die beiden 1981 freigelegten und geborgenen Grabplatten dem 17. Jh. angehören. Die Einmessung der ergrabenen Befunde ergab eine Übereinstimmung mit der Grundrisszeichnung des 19. Jh., die die unterschiedliche Achsenführung der gotischen Kirche (West-Ost) gegenüber dem neugotischen Bau (Südwest-Nordost) belegt.
Pfarrer Albert Niemann (1885 – 1893), Initiator des Kirchenbaus, ließ 1889 drei Gutachten über den baulichen Zustand und über eine mögliche Erweiterung der alten Kirchen erstellen. Alle stimmten im wesentlichen darüber überein, dass wegen der baulichen Mängel eine Erweiterung nicht in Frage käme. So beschloss der Kirchenvorstand am 10. August 1889 den Bau einer neuen Kirche. Fünf Architekten hatten ihre Entwürfe eingereicht; der Kirchenvorstand entschied sich für das Architekturbüro Hertel, Münster. Der Vertragsabschluss erfolgte am 4. September 1890, und Bernhard Hertel übernahm die Bauleitung. Die neue Kirche nahm ca. 1800 Personen auf und sollte 300 000 Mark kosten. Die feierliche Grundsteinlegung fand am 10. Oktober 1890 statt, und schon drei Jahre später konnte am 10. Oktober 1893 die Konsekration durch den Bischof von Münster, Hermann Dingelstad, vorgenommen werden.
In den folgenden Jahren wurde die Kirche weiter ausgestattet und erhielt 1900 ihre erste Ausmalung durch den Kirchenmaler A. Schraeder, Münster. Für die 1914 eingebaute neue Orgel entwarf Bernhard Hertel, seit 1903 Dombaumeister von Köln, die in Werkstein gearbeitete Orgelbühne und den Orgelprospekt. Bei der in den 1920er Jahren notwendig gewordenen Renovierung wurde die Kirche neu ausgemalt. Außerdem erhielten die Chorwände unterhalb des Sohlbankgesimses Mosaiken, und die Sakristei wurde nach Plänen des Architekturbüros Weber & Heide, Buer, vergrößert. 1936 erfolgte dann eine Umgestaltung des Chorbereichs nach den Vorstellungen des Pfarrers Roosen (1931-1953). Der ursprünglich nur 0,30 m höher liegende Chor wurde erhöht. Um der Gemeinde mehr Anteil an der Liturgie zu geben, wurden der Hochaltar und die Kommunionbank abgebrochen und der neue Altar weiter nach vorne gestellt.
Im zweiten Weltkrieg erlitt die Kirche starke Schäden; das Kirchendach, der Tumhelm, die Gewölbe und Fenster wurden zerstört. Beim Wiederaufbau 1946-1949 wurde die Kirche in vereinfachten Formen unter der Leitung des Architekturbüros A. Heide und F. Heide, Buer, wiederhergestellt. Der ehemals dem Turm eine Höhe von 90 m gegebende Turmhelm wurde nicht wieder aufgebaut; der Turmstumpf erhielt ein Flachdach. 1963/64 erfolgte eine den Reformen des II. Vatikanischen Konzils entsprechende Umgestaltung im Innern. Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre wurde eine umfangreiche Außenrenovierung nötig, der 1981-83 eine Innenrenovierung folgte. Die Leitung oblag dem Architekten Karl Link, Bochum.
Die St.-Urbanus-Kirche befindet sich in einer Nordost-Ausrichtung an der Hochstraße. Sie ist eine dreischiffige, drei Joch lange Hallenkirche mit einem einschiffigen, fünfjochigen Querschiff mit Kapellen, dem im Nordosten ein Dreiapsidenchor mit dreischiffigem Vorchorjoch angeschlossen ist. Der zwei Joch lange Chor endet in einem 5/8-Schluss, und die einjochigen Nebenchöre enden in Apsiden mit 4/8-Schluss, die in einem Winkel von 45 Grad schräg angesetzt sind. Auf der Südostseite im Winkel von Chor und Querhaus, befindet sich ein Sakristeigebäude. Ein Turm mit zwei polygonalen Kapellen und einem Treppenturm auf der Nordwestseite schließt den Hallenbau im Südwesten ab. In den Ecken, gebildet von Turm und Langhaus, und von Querhaus und Langhaus, befinden sich kleine Seitenportalbauten.
Die Kirche St. Urbanus ist ein Ziegelbau, der außen mit Ibbenbürener Sandsteinquadern verkleidet ist. Die äußeren Steinmetzarbeiten sind aus profilierten Tuffstein hergestellt. Die ehemals in Schiefer gedeckten Dächer sind seit 1989/90 in Kupfer gedeckt. Die Außenwand ist vertikal durch gestufte, der inneren Jocheinteilung entsprechende Strebepfeiler gestaltet, die an den Ecken der einzelnen Bauteile schräg gestellt sind. Horizontal wird die Wand durch drei Gesimse gegliedert. Oberhalb des Sohlbankgesimses erheben sich die im Langhaus dreibahnigen, im Querhaus fünfbahnigen, im Dreiapsidenchor zwei- und dreibahnigen, und in den Kapellen zweibahnigen Maßwerkfenster. Die Maßwerkfigurationen bestehen aus genasten Spitzbögen, Dreiblättern, stehenden Vierpässen, die mit stilisierten Knospen geschmückt sein können, und aus liegenden, mit Lilien geschmückten Fünfpässen. Die Giebelfläche des Querhausgiebels ist durch drei gestaffelte Blendbögen aufgelockert, in denen sich je eine schmale Spitzbogenöffnung befindet. Im mittleren Blendbogen auf der Südseite steht auf einer Blattkonsole eine Steinfigur des hl. Urbanus.
Die Südwestseite der Kirche wird vom Turmbau bestimmt. Seine Höhe bis zum Flachdachabschluß beträgt ca. 48 m. Der quadratische, im oberen Geschoss achteckige Turm wird seitlich durch vierfach gestufte Strebepfeiler eingefasst, die im oberen Geschoss in eckflankierende Türmchen übergehen. Horizontal ist er durch Gesimse in vier Geschosse gegliedert und durch gestufte Maßwerkfenster und Blenden gestaltet.
Der Haupteingang ist mit einem Ziergiebel geschmücktes Spitzbogenportal mit Sturz und Mittelpfeiler; die Tympanonfläche ist mit einem Maßwerk durchfenstert. Der Portalpfeiler wird durch eine Marienfigur geschmückt, die auf einem Blattkapitell einer kleinen Dreiviertelsäule mit Sockel und unter einem kleinen Baldachin steht.
Durch das Hauptportal gelangt man zunächst in das quadratische Turmuntergeschoss, das sich durch Spitzbögen auf der Südost- und Nordwestseite den Turmkapellen und auf der Nordostseite dem Hallenbau öffnet. Die gesamte Kirche ist mit Ausnahme der Turmgeschosse, der Vierung und der Apsiden mit Kreuzrippengewölben mit ringförmigen Schlusssteinen gedeckt. Das Turmuntergeschoss und die Vierung zeigen einen vierzackigen Dreistrahlstern, und die Kapellen und Apsiden sind mit Radialrippengewölben geschlossen. Die Gewölbe werden von fünf freistehenden Rundpfeiler-, zwei Wandpfeilerpaaren und den Pfeilerkapitellen entsprechenden Kelchkonsolen getragen, die sich an den jochweise durch Lisenen gegliederten Außenwänden befinden. Die Lisenen (Wandvorlagen) schließen sich oben als spitzbogige Blendnischen. Die Rundpfeiler auf achteckigen, zweigeteilten Sockeln haben ein Kelchkapitell mit achteckiger Abdeckplatte und eine aus Wulst und Kehle bestehende Basis. Den vier Vierungspfeilern und den Eckpfeilern der Querhausarme sind auf dem Querschiff zugewendeten Seiten dreiviertelkreisförmige Dienste mit Kapitell und Basis auf polygonalem Sockel vorgelagert. Im Chor werden die Gewölberippen durch dreiviertelkreisförmige Dienste mit Kapitell und Basis auf polygonalem Sockel abgefangen, die ebenfalls vor Lisenen angeordnet sind. Eine horizontale Gliederung erfahren die Außenwände durch ein profiliertes Sohlbankgesims, über dem sich die Maßwerkfenster befinden. Alle Architekturdetails sind natursteinsichtig und aus rotem Sandstein.
Die jetzige farbige Gestaltung des Kirchenraumes stammt von der Renovierung 1981/1983. Die Farbgebung ist vom Maler Berchem, Essen, konzipiert, wobei der Rankendekor in den Gewölbezwickeln, bestehend aus Weinlaub und Stechpalme, von Prof. Bernd Schlüter, Münster, entworfen wurde. Von der ersten Ausmalung der Kirche, die 1900 erfolgte, ist ein Rest Teppichmalerei in den südwestlichen Beichtstuhlnischen freigelegt und rekonstruiert worden.
Mehr Informationen gibt es im Kirchenführer, der in der Kirche zum Mitnehmen ausliegt.
Foto: Karl-Heinz Leese